drei fragen an stefanie inhelder

Stefanie, du befindest dich derzeit in einer beruflichen Transition. Was hat dich dazu inspiriert, und welche Herausforderungen und Chancen hast du bei deiner Transition erlebt?

Seit 2020 forsche ich an der Schnittstelle von Tanz, Sensortechnologien und neuerdings auch generativer KI. Ausserdem hatte ich in den vergangenen Jahren die Möglichkeit, mit Wissenschaftlern rund um die Thematik Postkolonialismus zu kollaborieren. Diese beiden Aspekte mit der Choreografie zusammenzubringen, eröffnete mir ein neues Verständnis vom Körper in unserer heutigen Zeit. Dank dem Coaching mit Oliver Dähler konnte ich tiefer in die Fragestellung eintauchen, was dies beruflich für mich bedeuten könnte.

Ich entschied mich für die Weiterbildung CAS – Artificial Intelligence for Creative Practices und lerne gerade Python zu programmieren und mit einem eigenen Motion-Capture-System und Machine-Learning-Modellen zu arbeiten. Tatsächlich lerne ich in der „Mitte“ des Lebens Dinge, die ich mir nie vorstellen konnte. Dies ist einerseits herausfordernd und macht gleichzeitig unglaublich Spass.

Parallel habe ich mich für Masterstudiengänge beworben und konnte es kaum fassen, als ich die Zusage vom University College London (einer der Top 10 Universitäten weltweit) für einen Master of Science in Digital Humanities erhalten habe.

Welche Fähigkeiten oder Erfahrungen aus deiner Tanzkarriere kannst du in deinem neuen Berufsfeld nutzen?
Am 27.6. teile ich meine ersten Recherchen an der Schnittstelle zwischen physischen und digitalen Körpern im Immersive Art Space in Zürich. Der Prozess machte mir bewusst, wie tief Embodied Knowledge in Tänzer*innen verankert ist. Ich beobachte immer wieder, dass wir eine besondere Art haben, unsere Umwelt zu lesen. Insbesondere die Fähigkeit, den Raum und andere Menschen/Körper darin wahrzunehmen, Referenzen zu schaffen, Dramaturgie physisch verinnerlicht zu haben und im Zusammenhang mit einer verbindenden Idee zu kollaborieren, sind einzigartig in den darstellenden Künsten. In einer Zeit, in der das technochauvinistische Weltbild viel Platz einnimmt, tragen wir eine Form von Intelligenz in uns, die aktuell keine KI auch nur annähernd ersetzen kann: Embodied Knowledge.

Wie siehst du deine berufliche Zukunft? Gibt es irgendwelche besonderen Projekte oder Visionen, die du verfolgst?

Mein Fokus richtet sich im kommenden Jahr auf Embodied Technology und transdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den darstellenden Künsten, Geisteswissenschaften und Technologie. Ich möchte weiterforschen, wie Körper mit Daten interagieren, welche Policies in diesem Bereich wichtig wären und darüber nachdenken, wie man das Potential von generativer KI in Zusammenarbeit mit Tanz entwickeln könnte. Ich nutze die Thesis für den MSc Digital Humanities, um mein erstes wissenschaftliches Paper zu diesem Thema zu veröffentlichen.

Ich glaube zutiefst an die Wichtigkeit von spartenübergreifenden Zusammenarbeiten und denke wir bringen etwas besonderes mit: Als Kreativschaffende können wir aus Imagination Realität erschaffen. Beruflich möchte ich dieses Potential nutzen, um multimodale Systeme zu entwickeln, in denen Körper und KI fliessend interagieren. Mein Traum wäre es in einem Research Lab in Zürich oder London an der Kreation von Embodied Technology beteiligt zu sein.

Ohne die Unterstützung der SSUDK und dem Coaching mit Oliver Dähler, wäre diese Transformation vielleicht nicht möglich gewesen. Die Begleitung in dieser Transition gibt mir die Möglichkeit meine berufliche Zukunft komplett neu zu denken, alles mitzunehmen was mir wichtig ist und einen Horizont zu schaffen, der vor einem Jahr noch unvorstellbar gewesen ist.